Das Jahr des Greifen: Das Geheimnis Saljeths

13. Hesinde, 1013 BF: Der Torturm

Auf eine wirre Bemerkung des verrückten Uriens hin haben sich meine Männer eigenmächtig auf die Suche nach dem Torturm gemacht, dem einzigen Zugang zum Unheiligtum der Schwarzpelze. Irgendetwas hat dieser geifernde Krüppel an sich, immer wieder hören gestandene Männer und Frauen auf seine verrückten Äußerungen. Ich hätte wohl deutlicher drauf hinweisen sollen, in dieser Sache nichts ohne meine Zustimmung zu unternehmen. Nun, ich kann es mir nicht leisten, die Männer zu diesem Zeitpunkt zu bestrafen. Nachdem ich endlich über den Fund des Portals unterrichtet wurde habe ich Himgi und seine Sappeure zu den Grabungen abkommandiert, die Grabungen gingen dann wesentlich schneller und effizienter voran.

 

Da der Zugang zu den Gewölben der Schwarzpelze in den Purpurgewölben der Fuchshöhle gefunden wurde, habe ich die Bewohner des Bordells ausquartiert. Natürlich waren diese nicht gerade begeistert, besonders Cindira hat mich ihren Unmut später mehr als deutlich spüren lassen. Aber was soll ich machen, dort ist es viel zu gefährlich, wer weiß was wir dort unten alles finden werden.

 

Darrags Junge ist auch weiterhin verschwunden, ich glaube nicht dass wir ihn je wieder auffinden werden. Man sieht dem bulligen Mann sein Leid an, habe ihn noch nie so niedergeschlagen gesehen. Ich glaube fast, Roban gibt mir die Schuld am Verschwinden Marrads, da waren ein oder zwei seltsame Äußerungen. Nun ja, ich werde sowieso für alles Schlechte verantwortlich gemacht, wieso nicht auch noch für das Verschwinden des Jungens? Bei den Zwölfen, ich bin mir nicht einmal mehr sicher, ob ich das Alles hier überleben werde, langsam muss ich aufpassen, Nachts nicht mit einem Dolch an der Kehle geweckt zu werden.

 

16. Hesinde, 1013 BF: Grabungen der Orks

Heute ist eines der Gebäude im östlichen Teil der Stadt eingestürzt. Da dieses Bereich seit dem letzten Sturm auf die Stadt unter der Kontrolle der Schwarzpelze liegt, gelang es meinen Männern nur unter großen Vorsichtsmaßnahmen bis zu diesem Gebäude vorzudringen. Ungrimm erkannte sofort, dass es sich hier um einen eingestürzten Stollen der Schwarzpelze handeln muss. Wenn man die drei riesigen Erdhaufen im Ostlager der Orks mit ins Bild nimmt macht das also wahrscheinlich insgesamt drei Stollen der Orks, zwei bisher unentdeckt. Die verdammten Orks versuchen also, unterirdisch zu den Gewölben zu kommen! Ich habe die Wachen mit erfahrenen Sappeuren verstärken lassen und Himgi zur Eile gedrängt, wir müssen unbedingt vor den Schwarzpelzen das Unheiligtum erreichen. Himgi ist zuversichtlich, in den nächsten Tagen bereits den Mittelpunkt des Praiosbergs zu erreichen, vermutlich der Ort, an welchem sich das Unheiligtum befindet.

 

17. Hesinde, 1013 BF: Das Unheiligtum des Tairach

Endlich ist es soweit, Himgis Sappeure haben heute einen vermauerten Torbogen freigelegt, die dort verbauten Steine sind über und über mit unbekannten Runen bedeckt. Ich habe die Männer angewiesen, das Tor zu öffnen. Ihre späteren Berichte über das, was dort drinnen geschah, sind verwirrend und teilweise auch nicht ganz stimmig, ich werde versuchen die Aussagen so gut es geht zusammenzufassen.

 

Der Magus konnte das aufgefundene Tor schon wenig später mit magisch veränderter Stimme freilegen, wirklich beeindruckend. Drinnen wurde eine grauenvoll anzusehende Statue des Tairach entdeckt, die in jeder ihrer Klauen ein blutiges Herz hielt. Vor dem riesigen Götzenbild lagen die Skelette eines Menschen, eines Zwergen, eines Elfen und eines Orken, wohl einst einer dieser zwölfgötterverfluchten Schamanen der Schwarzpelze. In den kalten Klauen des Orkskelettes befand sich eine schwarze, blutbeschmierte Keule mit armlangen Dornen, ein seltsames Flimmern umgab die düstere Waffe. In einer Ecke des Raums lag zudem ein riesiges Skelett mit mächtigem Raubtierhaupt und zwei großen Schwingen - die Überreste eines wahrhaftigen Greifen, einem Sendboten des Götterfürsten, dem Namenspatron der Stadt!

 

Wie schon so oft übermannte die Neugier den Nostrier auch diesmal, und ohne groß zu überlegen riss er die beeindruckende und doch beunruhigende Keule aus den toten Klauen des Orkschamanen. Fast sofort ertönte eine gewaltige, donnernde Stimme, und Staub rieselte von der Decke des Gewölbes. Ein helles Leuchten umgab das Skelett des Greifen, der tote Sendbote des Götterfürsten strahlte im hehren Licht des Praios. Die Lichtgestalt erhob sich und wandte sich mit dröhnender Stimme an die Eindringlinge. Alles passierte nun Schlag auf Schlag, ich hoffe ich kann die Worte des Götterboten hier gut genug wiedergeben:

 

Sein Name sei Scraan, seit Äonen sei ihm bestimmt, über die unheilige Waffe der Orken zu wachen. Doch nun sei die Zeit der großen Umwälzungen gekommen, seine Wacht neige sich dem Ende zu. Bald werde sich entscheiden, was mit der Dämonenwaffe geschehe und ob zum Guten oder Schlechten, es liege nun in der Hand der Menschen, in der Hand von uns also! Doch Vorsicht sei geboten, denn die Waffe verderbe einen jeden, der mutig genug ist, sie zu führen. So die Dämonenwaffe in die Hände der Schwarzpelze falle, sei das Schicksal des jungen Prinzen besiegelt.

 

Sicher meinte der Greif damit den jungen Prinz Brin, kein Zweifel. Nun stand man also sprachlos in den unterirdischen Gewölben, in denen einst die Schwarzpelze ihrem widerlichem Blutkult frönten, und wurde von einem wahrhaftigen Greifen mit der schweren Aufgabe betraut, die Waffe der Orken vor deren Zugriff zu schützen. Doch eine Hilfestellung gab das göttliche Wesen uns Menschen auf den Weg: Es wies auf das Horn neben dem Skelett des Zwergen, einst als der Held Furgal bekannt, und versprach, in Zeiten größter Not zu Hilfe zu kommen, würde nur dreimal in das Horn des Furgal geblasen werden. Ungrimm nahm das Horn an sich. Dann mahnte der Greif zur Eile an, die Höhlen unter der Stadt so schnell wie möglich zu verlassen. Ein guter Rat, wurde es hier unten doch immer wärmer, und immer mehr Gesteinsstaub rieselte von der Decke. Die unheiligen Gewölbe standen kurz vor dem Einsturz! Mit Glück erreichte man den Ausgang des Stollensystems, keine Sekunde zu früh, denn hinter den Männern stürzte der über Wochen mühsam gegrabene Gang in sich zusammen. Meine Männer berichteten mir sodann vom Fund der Keule und dem Erscheinen des Greifen. Agent Kralle, Roban und auch Himgi wollten die Waffe lieber selbst für sich bewahren, während aus den anderen Anwesenden die Vernunft sprach und jene die unheilige Keule sicher vor jedwedem Zugriff verwahrt wissen wollten.

 

Ich glaube, die Drei waren wohl bereits dem unheiligen Einfluss der Götzenwaffe erlegen. Nur mit viel gutem Zureden und Überzeugungskraft konnte eine blutige Auseinandersetzung zwischen den verwirrten Männern verhindert werden und die Waffe wurde in einem Zimmer im Palas der Garnison eingemauert. Zur Sicherheit habe ich auch gleich den Gang zumauern lassen, die Waffe scheint wirklich einen starken Einfluss auf schwache Gemüter zu haben. Der Magus hatte später noch die Idee, die Waffe auf magische Weise ungesehen in den Bergfried zu bringen, so dass selbst ein Einbruch in die zugemauerten Gemächer des Palas nicht zum Fund der unheiligen Waffe führen würde. Guter Einfall. Wäre nur schön gewesen, mich vor der Ausführung in Kenntnis zu setzen. Nun ja.

 

Kurze Zeit später meldeten die Wachen auf der Ostmauer das Aufsteigen einer gewaltigen Feuersäule aus dem Ostlager der Orks. Es kostete die Schwarzpelze viel Mühe, den Brand nach Stunden einigermaßen unter Kontrolle bringen zu können. Einige Greifenfurter behaupteten zudem, direkt nach der Explosion im Lager der Schwarzpelze eine goldene Lichtgestalt gen Himmel aufsteigen gesehen zu haben. Ich habe verbreiten lassen, dass es sich hierbei um ein Zeichen des Götterfürsten handelt, welcher so den tapferen Bürgern in ihrem Kampf gegen die Götzendiener beisteht. Ich hoffe das wirkt sich auch längerfristig positiv auf die Stimmung innerhalb der Stadt aus.

 

2. Firun, 1013 BF: Der Winter wird härter

Wie es sich für den Monat des grimmen Wintergottes gehört sind die Schneefälle in den letzten Tagen dichter und ausdauernder geworden, dazu ist es spürbar kälter geworden. Ich hoffe wirklich, dass bei diesen eisigen Temperaturen die Breite nicht komplett zufriert, das Hafenbecken ist kein Bereich, den ich gerne verteidigen möchte, viel zu großflächig und unübersichtlich.

 

3. Firun, 1013 BF: Die Geschütze der Orks werden abgezogen

Heute morgen haben mir die Wachen auf den Mauern der Stadt berichtet, dass die Orks einen Großteil ihrer Geschütze aus ihren Stellungen über die Breite nach Süden hin abziehen. Was sie wohl damit bezwecken? Ich hoffe dies sind die ersten Anzeichen für die Ankunft der kaiserlichen Flussflotte, ich bete zu allen Zwölfen dass der Entsatz bald in Greifenfurt ankommen wird.

 

Ungrimm hat zudem begonnen, den eingestürzten Weg zum Unheiligtum der Schwarzpelze wieder freilegen zu lassen, um die Gebeine der gefallenen Helden zu bergen. Ein löbliches Unterfangen, ich hoffe nur wir werden die Grabungen später nicht bereuen, immerhin treiben auch die Orks allerorten Stollen in die Erde. Nicht das sie nachher noch unsere eigenen Stollen gegen uns verwenden.

 

9. Firun, 1013 BF: Kriegstrommeln der Orks

Im Morgengrauen des 9. Firun haben die Schwarzpelze wieder einmal begonnen, ihre zermürbenden Kriegstrommeln zu schlagen. Wahrlich kein gutes Zeichen, ein weiteres Großangriff steht sicher kurz bevor. Praios stehe uns bei!

 

10. Firun, 1013 BF: Sturm auf die Stadt

Es deutete sich bereits am Vortag an, und heute im Morgengrauen verstummten die Trommeln der Schwarzpelze. Sie hatten sich zu einer gewaltigen Schlachtreihe östlich der Stadt formiert, und mit einigen weit schallenden Hornstößen begann wieder einmal der Sturm auf die Stadt. Sie stürmten mit Leitern und Holzschilden auf den Palisadenwall der provisorisch errichteten Verteidigungslinie zwischen Rondratempel, Henkersturm, Fuchshöhle und Garnison der ehemaligen Stadtwache. In der Folge kam es zu heftigen Gefechten, doch an keiner Stelle gelang es den Schwarzpelzen, lebendig die andere Seite des Palisadenwalls zu erreichen.

 

Ungrimm und die Sappeure bemerkten derweil, dass die Orks zeitgleich ihre Stollenarbeiten fortsetzten und wohl kurz davor waren, in den alten Gewölben unterhalb des Praiosbergs herauszukommen. Im Nachhinein bereue ich es, dem Zwergen erlaubt zu haben, die verschütteten Gänge wieder freizulegen, um die Gebeine der Toten zu bergen. Die Orks konnten mit Hilfe menschlicher Sklaven letztendlich auf den geraden Weg des Unheiligutms stoßen und versuchten von dort, in den Kellerbereich der Fuchshöhle vorzudringen. Doch sie hatten die Rechnung ohne die tapferen Verteidiger gemacht. Angeführt von meinen Männern konnten die Eindringlinge auch hier zurückgeschlagen werden, und schließlich gelang es auch, den Stollenbereich erneut zum Einsturz zu bringen und so zumindest diesen Zugang zur Stadt für die Orks unpassierbar zu machen.

 

Roban hielt zeitgleich eine bisher nicht bemerkte Schwachstelle in unserem Verteidigungswall - die Schwarzpelze konnten über den Hühnerstall der Fuchshöhle den Mauerabschnitt nördlich des Bordells erklimmen und Roban hatte seine liebe Not, die Angreifer lange genug zurückzuhalten, bis endlich Verstärkung eintraf. Später wurde diese Tat Robans nur noch 'Schlacht am Hühnerstall' genannt, ich habe keine Ahnung wer auf diese hochtrabende Idee gekommen ist. Vielleicht dieser Barde Salix, der auch schon dieses zugegebenermaßen recht amüsante Lied über Prügel für die Orks in der Stadt zum Besten gab? Wie auch immer, schaden tut es der Moral innerhalb der Stadt sicher nicht, mir soll es recht sein.

 

11. Firun, 1013 BF: Entsatzflotte kommt über die Breite an!

Es ist geschafft! Heute haben die Orks den Angriff auf die Stadt erfolglos abgebrochen, sie haben sich sogar aus dem bereits in ihre Hände gefallenen Ostteil der Stadt zurückgezogen. Wenig später konnten wir auf der Breite auch den Grund ihres schnellen Rückzugs erkennen - die kaiserliche Entsatzflotte segelte mit sicher über 50 Schiffen gen Greifenfurt!

 

Die Flotte kam auf Befehl des Prinzen von Ferdok aus nach Greifenfurt und sie brachte uns Vorräte, frische Truppen und neue Hoffnung. Die Flotte steht unter dem Befehl von Großadmiral Sanin, mit der Flotte sind auch einige Geweihte der Rondra, des Boron und des Götterfürsten selbst nach Greifenfurt gekommen. Außerdem hat der Prinz uns sogar einige Pfeile des Lichts unter dem Kommando von Hauptfrau von Heilenhorst mitgeschickt. Zu meinem Leidwesen ist auch der fette Anshelm Horninger dabei, seines Zeichens Inquisitor. So wie es aussieht sitzt der Fettsack mir ab heute also im Nacken. Kein Wunder, dank Kralle weiß er ja genaustens über die Vorgänge in Greifenfurt Bescheid. Hat in der Offiziersbesprechung auch gleich mein Amt als Inquisitor der Praios-Kirche aufgedeckt, dieser Drecksack. Da werden sich die Männer und Frauen in der Stadt die Mäuler zerreißen, aber was gesagt ist, ist gesagt.

 

Kurz nach der Ankunft der Flotte habe ich Horninger, Ayla von Schattengrund, die Großmeisterin der Schwerter zu Gareth Cleo Eyvon und die anderen Geweihten zusammen mit meinen Männern zu einer Beratung im kleinen Kreis betreffend der unheiligen Orkwaffe zusammengerufen. Nach langem hin und her kamen wir zu dem Schluss, die Waffe weiterhin in Greifenfurt unter Verschluss zu halten und sie so vor dem Zugriff der Orks zu bewahren. Nach dem Ende des Krieges soll die Waffe dann in die Stadt des Lichts in Gareth gebracht werden und dort sicher in den Bleikammern der Praios-Kirche verwahrt werden.

 

14. Firun, 1013 BF: Erste Eisschollen auf der Breite

Mittlerweile sind einzelne Eisschollen auf der Breite zu sehen, kein gutes Zeichen. Die Flussflotte muss spätestens in ein paar Tagen wieder abziehen, sonst werden die Schiffe zwischen den Eisschollen der Breite festsitzen.

 

15. Firun, 1013 BF: Die Flotte wird aus Greifenfurt abgezogen

Großadmiral Sanin hat beschlossen, die Flussflotte morgen wieder gen Ferdok abzuziehen. Zu groß ist die Gefahr, dass die Breite komplett zufriert und die Schiffe dann im Hafen der Stadt festsitzen. Wir sind zudem übereingekommen, Frauen, Kinder und Alte mit der Flotte aus Greifenfurt zu bringen. Sie werden über den Winter keine große Hilfe sein, zudem bin ich mir nicht sicher ob die Vorräte reichen würden. Die Flotte wird in den ersten Morgenstunden aufbrechen.

 

16. Firun, 1013 BF: Die Grausamkeit der Orken, die Rache des Henkers

Was für ein Debakel! Der Abzug der Flotte war ein einziges blutiges Desaster! Diese blutrünstigen Götzendiener! Dieser zwölfmalverfluchte Henker!

 

Die Flotte zog im Morgengrauen aus, wie geplant waren Frauen, Kinder und Alte an Bord. Unter anderem auch Cindira, ich habe sie lange überzeugen müssen die Stadt zu verlassen. Als die letzten Schiffe den sicheren Hafen der Stadt verließen war das Flaggschiff der Flotte, die Widder, bereits einige hundert Schritt stromabwärts, im leichten Schneetreiben kaum noch zu erkennen. Dann zeigten die Schwarzpelze, zu welchen niederhöllischen Taten sie fähig sind!

 

Überall erhoben sich über die Nacht eingeschneite Orken unter ihren Fellen und Decken am Ufer der Breite und schütteten Öl in die Wasser des Flusses. Später wurde uns nur zu schmerzlich klar, das es sich hierbei um Hylailer Feuer handelte. Woher die Schwarzpelze dieses Geheimnis kennen? Sicher hatten da dieser verfluchte Druide Gamba oder dieser verräterische Zwerg Kolon Tunneltreiber ihre dreckigen Finger im Spiel. Von überall her wurden Fackeln ins Wasser geworfen und Brandpfeile stiegen aus den umliegenden Wäldchen und Gebüschen auf. Von einem Augenblick zum nächsten breitete sich ein flammendes Inferno auf der Breite aus, die Schiffe fingen in Sekunden Feuer, für die den Flammen hilflos ausgelieferten Besatzungen gab es kein Entkommen, weder an Bord der einzelnen Schiffe noch im Wasser des Flusses. Geistesgegenwärtig stieß Ungrimm sogleich dreimal in das Horn des Furgal, denn er erinnerte sich an die Worte, dass uns der Greif noch einmal in Zeiten größter Not beistehen werde! Und tatsächlich, Praios sei es gedankt, nur Augenblicke später stieg die goldene Lichtgestalt vom Himmel herab und stieß wie ein Pfeil mitten in die feurigen Wasser der Breite. Noch einmal flammte das Inferno mit aller Macht auf, doch dann erloschen die Flammen auf dem Fluss langsam und zeigten das Ausmaß der Katastrophe in aller Deutlichkeit. Zwar hatte das Eingreifen des göttlichen Sendboten den Großteil der Flotte vor dem Inferno bewahrt, doch etliche Schiffe trieben bereits ausgebrannt und ohne jegliches Lebenszeichen auf den rauchenden, mit Trümmern bedeckten Wellen der Breite. Ich weiß auch heute noch nicht genau, wie viele Leben das Feuer gekostet hat, doch es müssen unzählige gewesen sein.

 

Mythornius reagierte während dem Ausbruch des Feuers schnell und tatkräftig. Er rettete auf magische Weise Darrags Frau und Tochter sowie meine Cindira aus dem brennendem Flammenmeer, das werde ich ihm nie vergessen. Darrag sicherlich auch nicht.

 

Doch das bestialische Inferno der Schwarzpelze war nicht das Einzige, was uns an diesem schrecklichen Tage in Erinnerung bleiben sollte. Noch während viele Flussschiffe auf der Breite in den Flammen des hinterhältigen Angriffs der Orken ausbrannten erschien die blutrote, geflügelte Gestalt des dämonischen Henkers am Himmel über Greifenfurt! Die Ausgeburt der Niederhöllen stürzte auf das Dach des Palas zu, genau auf mich und meine Offiziere. Ich hörte sogar seine Stimme in meinem Kopf, die mir hämisch den Tod Cindiras und den Untergang der Greifenfurter im Flammenmeer der Breite ausmalte. Ich brüllte dem dämonischen Wesen meine Herausforderung entgegen, und der abartige Henker stellte sich uns auf dem Dach zum Kampfe. An meiner Seite waren die Geweihten der Rondra, Ayla von Schattengrund und Cleo Eyvon, sowie Oberst Blautann. Überraschenderweise griff sogar der fette Anshelm in den Kampf ein, das hätte ich ihm wirklich nicht zugetraut. Fast sofort ging einer der Sonnenlegionäre mit einer schrecklichen Wunde zu Boden, und der nächste Streich des Henkers traff Horninger, der bewusstlos zu Boden ging. Wäre sicher gut für gewesen, wäre er hier zu Boron gegangen. Doch dieses Schicksal wünsche ich nicht einmal diesem Fettsack.

 

Der Kampf wogte hin und her, die gewaltigen Schwerthiebe des Dämons ließen uns Verteidiger erzittern. Cleo Eyvon und Ayla hielten stand, während ich mich unter den mächtigen Hieben des Henkers zurückziehen musste. Endlich traf Verstärkung ein, darunter auch Himgi und meine Männer, und mit vereinten Kräften konnten wir die blutige Alptraumgestalt des Henkers in die Flucht schlagen. Mit mächtigen Flügelstößen hob der Henker ab und verschwand wenige Augenblicke später am Himmel über Greifenfurt. Ewige Rache hat er mir dabei geschworen, mit dieser hämischen Stimme in meinem Kopf. So ein Mistkerl!

 

In den folgenden Stunden koordinierte ich die Suche nach Überlebenden in den Wassern der Breite, doch sollte diese leider erfolglos verlaufen. Praios sei es gedankt hat es wenigstens ein Großteil der Flotte geschafft, die Stadt unbeschadet zu verlassen.

 

Tsa, 1013 BF: Überwintern in der belagerten Stadt

In den folgenden Wintermonaten sollte, den Göttern sei es gedankt, nicht viel passieren. Die Schwarzpelze verschanzten sich in ihren Winterlagern, wir selbst kamen mit den Vorräten, die mit der Flussflotte nach Greifenfurt gelangt sind, recht gut über den Winter. Hunger gab es kaum, lediglich die bekannten Winterkrankheiten breiteten sich hier und da aus.

 

Der fette Anshelm saß mir immer wieder dicht im Nacken, doch solange ich noch das Oberkommando über die Stadt im Kriegszustand habe kann mir der Fettsack nichts anhaben. Mal sehen, wie es sich später entwickeln wird, ich hoffe der Baron steht auf meiner Seite. Ich weiß selbst, das einige meiner Entscheidungen sich nicht sehr gut mit dem Moralkodex der Kirche vertragen. Doch anders wäre die Stadt nicht zu halten gewesen, da bin ich mir sicher.

 

Immerhin ging Anshelm auch gegen den alten Brohm vor, der seit dem Tode seines Jungen eine Sekte innerhalb der Stadt gegründet hatte. Geißelnd und um Vergebung flehend zogen sie immer wieder durch die Gassen der Stadt, wahrlich kein erbaulicher Anblick. Ich hatte ihn bisher gewähren lassen, denn um den alten Brohm festzusetzen war mein Stand in der Stadt zu unsicher. Horninger ließ ihn allerdings kurzerhand verhaften und die Geißlersekte verbieten. Gute Sache, so hat der Fettsack also doch etwas Sinnvolles bewirkt, ein Problem weniger um das ich mich in der Stadt zu kümmern habe.

 

Ich habe mir vorgenommen, Cindira zu fragen, ob sie nach dem Krieg mit mir in den Süden zieht. Es wird sich zeigen ob ich das alles unbeschadet überstehen werde. Doch wenn ja, so werde ich ein neues Leben beginnen, vielleicht bringe ich dann endlich kein weiteres Leid mehr über andere. Irgendwo im Süden vielleicht, ein kleines Häuschen an den Stränden des Perlenmeers. Al'Anfa möglicherweise, vielleicht auch Drôl. Auf jeden Fall weit weg von all dem hier.

 

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