Die Phileasson-Saga: Boran, die letzte freie Stadt Maraskans

Reisebericht des ‚Königs der Meere‘, Hetmann Asleif Phileasson von der Glutströhm-Ottajasko 

aufgezeichnet von Mandred, Sohn des Orm Follkerson

 

Ottaskin der Hetleute, Thorwal 

8. Firun 1009 nach Bosparans Fall

 

Der Rondrikan tobt bereits seit den frühen Morgenstunden an der Küste Thorwals. Auch während der langsam eintretenden Abenddämmerung treibt der stürmische Westwind unzählige Schneeflocken mit seinem eisigen Atem vor sich her. Auf dem schneebedeckten Kliff Thorwals hebt sich die im flackernden Feuerschein erleuchtete Ottaskin der Hetleute wie ein einsamer, warmer Fleck aus dem kalten Wintersturm hervor. In der Großen Halla des Prunkjolskrims sitzen zahlreiche Nordmänner um einen schweren Eichentisch und lassen sich gerade die Reste ihres Abendmahls schmecken. Am Kopfende des Tischs sitzt der berühmte Hetmann Asleif Phileasson. Der blonde Hüne säubert sich gerade mit einer Fischgräte die Zähne, während der junge Skalde Mandred Ormson neben ihm sitzt und konzentriert eine Pergamentseite beschreibt. Die Seite liegt auf einem guten Dutzend weiterer Pergamentseiten, auf welchen die bisherigen Erzählungen des ‚Königs der Meere‘ als ‚Phileasson-Saga‘ niedergeschrieben wurden. Phileasson schnippt die Fischgräte mit einem Finger auf den Boden. Dann lehnt er sich zurück, verschränkt zufrieden die Arme vor der Brust und ergreift das Wort: 

„Bei Swafnir, ein voller Magen lässt die Welt doch gleich viel freundlicher erscheinen, das Wohl! Wo war ich stehen geblieben? Achja, die Schifffahrt nach Maraskan … eine wahrlich verrückte Insel, das kann ich dir sagen, Mandred!

Wir brauchten drei volle Tage und erst am vierten Tag unserer Reise erblickten wir endlich die schroffe Ostküste Maraskans. Steile Felsklippen machten weite Bereiche der Küste unbegehbar und dahinter wartete bereits dichter, dampfender Dschungel. Weit im Westen konnte man zudem die weit in den Himmel aufragenden Gipfel der Maraskan-Kette erkennen, denn die Sicht war an diesem Tage gut.

Bacha kannte sich in den Gewässern rund um diese grässliche Insel sehr gut aus und so gelang es uns, die Bor-Mündung recht genau anzusteuern. Dort, auf beiden Seiten des Flussufers, lag Boran, die letzte freie Stadt Maraskans. Du musst wissen, dass die gesamte Insel schon seit Jahrzehnten unter der Herrschaft des Greifenthrons steht, Mandred. Na ja, genau genommen lediglich die Städte und Dörfer an der Küste, in den dichten Dschungel im Landesinneren traut sich wohl kaum je ein Kaiserlicher, das Wohl! Die Stadt Boran wurde allerdings nie erobert und stand daher schon seit vielen Jahren unter mittelreichischer Belagerung, angeblich sollte sich hier auch der maraskanische Prinz Denderan aufhalten. Deswegen konnte man Boran auch nur vom Seeweg aus erreichen, die Landwege hingegen waren durch ein Gewirr aus mittelreichischen Befestigungen, Bollwerken und Fallen schon seit Jahren nicht mehr passierbar – als ob der Dschungel mit seinen fleischfressenden Pflanzen und riesigen Giftspinnen nicht schon schlimm genug wäre, bei Swafnir!

Als wir endlich den Hafen Borans erreichten, hatte Mythornius einen seligen Ausdruck im Gesicht – du musst wissen, der Magus stammt ursprünglich von dieser seltsamen Insel und hatte wohl Heimatgefühle! Wir Übrigen indes hatten wohl eher verwunderte und verwirrte Mienen aufgesetzt, das Wohl! Alles, wirklich alles in Boran war bunt und laut. Die Menschen dort kleideten sich in allen Farben des Regenbogens und auch die Wände und Dächer der Häuser stellten oftmals sehr seltsame Farbkombinationen zur Schau. Und laut war es dort – ich glaube, wirklich jeder Maraskaner muss zu jeder Zeit alles in die Welt schreien, was ihm gerade durch den Kopf geht, fürwahr! Sogar in den Tempeln ihrer seltsamen Zwillingsgötter oder bei den Feiern zu Ehren ihrer Verstorbenen ging es lauter zu als auf einem Basar in den Tulamidenlanden!

Bacha und seine Männer brachen mit dem Einmaster schon kurz nach unserer Ankunft in Boran wieder auf, ich glaube er war wohl noch immer wütend auf uns. Du weißt schon, diese kleine, unerhebliche Sache mit seinem Schiff!“ Phileasson grinst und spricht weiter: „Tja, wer hätte auch gedacht dass wir gleich auf zwei Seeschlangen stoßen würden, bei Swafnir! Wir fanden uns trotzdem recht schnell in dieser seltsamen Stadt zurecht, sicherlich auch wegen unseres ‚Einheimischen‘ Mythornius, hehe! Wir verkauften nach und nach unsere Beute, die wir von der Insel der Risso mitgenommen hatten und schon bald war die Reisekasse wieder für viele Monde gefüllt. Wulf hat sich in Boran diesen seltsamen Hartholzharnisch anfertigen lassen, den er noch heute trägt. Ich finde ja so eine Holzrüstung recht lächerlich, aber das muss er schon selbst wissen! Roban indes hatte sich mit dem maraskanischen Schmied Alrijin angefreundet und zusammen gelang es den beiden, aus dem im Himmelsturm erbeuteten Elfenstahl den gewaltigen Kriegshammer Mjolnir zu schmieden, den der Nostier noch heute trägt und der bereits so manchem Gegner – ob Mensch, Ork oder Dämon! – das Fürchten gelehrt hat, bei Swafnir!

In den folgenden Tagen versuchten wir natürlich auch, die Prophezeiung Shayas zu entschlüsseln und so das Ziel unserer nächsten Aufgabe herauszufinden. Natürlich schauten wir uns auch nach Beorn um und hofften, dass der Knilch nicht schon wieder einen Vorsprung vor uns hatte. Hm, streich' das mit dem Knilch, Mandred. Es tut mir leid Thorn, manchmal rede ich schneller als ich denke!“ Mit diesen Worten hebt Phileasson wie zur Entschuldigung sein Trinkhorn und prostet dem jungen Thorn Beornson zu. Dieser zögert einen Augenblick, doch dann hebt er ebenfalls seinen Becher und nickt dem blonden Hetmann mit verkniffenem Gesichtsausdruck zu. Für Phileasson scheint die Sache damit erledigt zu sein, denn er nimmt einen großen Schluck Honigwein und fährt dann mit seinem Reisebericht fort:

„Schon bald konnten meine Männer einige interessante Dinge in Erfahrung bringen. Als Erstes trafen sie den scheinbar verrückten Seemann Tajajin – ich sage scheinbar, denn was wir später in der Sargasso-See erleben sollten, bestätigte jedes noch so kleine Detail der Schauergeschichte dieses Mannes, das Wohl! Tajajin berichtete uns nämlich, dass er der einzige Überlebende eines bornischen Handelsschiffes sei. Vor einigen Monden segelte das Schiff etwa 200 Meilen südöstlich von Boran in ein gigantisches Tangfeld! Ob Flaute oder dämonisches Wirken, das Schiff jedenfalls wurde regelrecht in das Seetangfeld hineingezogen und lief dort auf Grund. Die Männer wurden von riesigen Fledermäusen entführt, von schrecklichen Schleimkrabben unter das Tangfeld gezogen oder von Spinnendämonen zerrissen. Das klingt nun alles nach Seemannsgarn, Mandred, doch wir sollten den Wahrheitsgehalt dieser Erzählung schon bald am eigenen Leib erfahren, das Wohl!

Im Tempel dieser seltsamen, maraskanischen Zwillingsgötter fanden wir zudem einen alten Reisebericht einer Zedrakke aus Mhanadistan. Diese befand sich auf dem Weg nach Maraskan, als sie in ein riesiges Tangfeld geriet und dort von geflügelten Ungeheuern angegriffen wurde. Niemand hat je wieder etwas von der Zedrakke oder der Mannschaft des Schiffes gehört …

Im Hafenviertel der Stadt hörten wir dann noch zahlreiche weitere Geschichten über ein riesiges Tangfeld, das Schiffe in seine Mitte ziehen solle und diese so einem Dämonen zum Fraß vorwerfen würde. Immer wieder fiel dabei der Name ‚Sargasso-See‘.

Du erinnerst dich noch an die letzte Aufgabe, die wir durch Shayas Vision erhalten hatten? Der erste Satz lautete: ‚Wo sich das Meer Schiffe nimmt, ohne sie zu verschlingen.‘ Wir vermuteten daher, dass es sich bei dieser Ortsbeschreibung um die Sargasso-See handeln muss, die in den Erzählungen und Schauergeschichten der maraskanischen Seeleute immer wieder aufgegriffen wurde. Natürlich hatten wir damit recht, das Wohl!

Im Tempel der Zwillingsgötter fanden meine Männer zudem noch einen sehr alten Bericht über eine Elfengaleasse. Durch unsere bisherigen Erlebnisse und Erfahrungen – ich sage nur Galandel, Ometheon, Niamh, Lailath, Selflanatil, Orima! – vermuteten wir natürlich in allem, was mit dem Elfenvolk zu tun hatte, weitere wichtige Hinweise für unsere Wettfahrt. Und wir sollten recht behalten! Das Dokument beschrieb nämlich den Untergang der Elfenstadt Tie'Shianna und die dadurch ausgelöste Diaspora des Elfenvolks. Diaspora bedeutet übrigens – das weiß ich von Mythornius! – in etwa ‚Die Heimat verlassen und in alle Welt gehen‘! Den Untergang Tie'Shiannas sollten wir schon bald selbst erleben, doch das werde ich dir später erzählen. In dem Bericht stand zudem noch, dass die beiden Artefakte der Orima – Schwert und Kelch! – vor dem Zugriff des namenlosen Gottes gerettet werden konnten. Das Schwert der Orima wurde von den Elfen in die Wüste gebracht, die dort schon bald unter dem Namen Beni Geraut Schie bekannt wurden. Das Schwert Selflanatil also, der eine Schlüssel zu Orima, welches wir in den Wolfshöhlen finden konnten! Der Kelch der Orima hingegen wurde auf der Elfengaleasse über das Perlenmeer in Sicherheit gebracht. Tja, wenn man der Prophezeiung Shayas Glauben schenkte, so kam der Kelch der Orima niemals an seinem Ziel an sondern lag noch heute in den Tangfeldern der Sargasso-See!

Damit war die Aufgabe klar: Wir mussten den Kelch der Orima aus den Klauen der Sargasso-See befreien und dann Schwert und Kelch nach Tie'Shianna bringen, bei Swafnir! Nicht zu unrecht fragten wir uns natürlich, woher die gute Garhelt all dieses Wissen hatte und wieso sie uns diese Aufgaben stellte. Ich glaube spätestens in Boran vermuteten wir alle, dass es sich bei den Visionen Shayas um mehr als nur von Garhelt gestellte Aufgaben handelte. Wie gesagt, manche meiner Gefährten von damals glauben mittlerweile sogar, dass uns die Aufgaben direkt von den Göttern mit dem Ziel geschickt wurden, Fenvarien zu retten und so das Schicksal eines ganzen Volkes zu bestimmen! Ich bin mir immer noch nicht sicher ob dies wirklich stimmt, doch die Bedeutung unserer Reise war auf jeden Fall viel gewaltiger als wir es uns je zu träumen wagten, bei Swafnir!“ Phileasson nippt gedankenverloren an seinem Trinkhorn und blickt eine Weile stumm auf die beschriebenen Pergamente, die vor dem jungen Skalden auf der Tischplatte liegen. Schließlich kratzt er sich am Hinterkopf und spricht weiter:

„Tja, nun hatten wir also die Sargasso-See als Ziel vor Augen und einmal mehr kein Schiff zur Verfügung – den Einmaster der Piraten hatte ja Bacha als Ersatz für sein Schiff bekommen. In den folgenden Tagen suchten wir also nach einem Schiff, welches uns trotz der Schauergeschichten in die Sargasso-See bringen würde. Dabei konnten wir auch in Erfahrung bringen, dass sich ein Mann, dessen Beschreibung auf Beorn wie die Faust auf sein einziges Auge passte, zusammen mit vier in schwarzen Kapuzenmänteln gewandeten Kriegern ebenfalls nach einem Schiff erkundigt hatte. Beorn hatte bereits einige Tage vor unserer Ankunft in Boran ein Schiff gefunden – das Ziel seiner Reise war aber nicht etwa die Sargasso-See sondern ein Ort, der von den Maraskanern ‚Friedhof der Seeschlangen‘ genannt wurde. Wir waren also vor dem Knilch, das Wohl! Denn während er noch den Reißzahn einer Seeschlange zwischen den Kadavern dieser Ungeheuer suchen wollte, waren wir schon dabei, die nächste Aufgabe zu erfüllen!“ Während dem letzten Satz des Hetmanns steht Thorn Beornson mit grimmiger Miene auf und verlässt wortlos die Große Halla der Hetleute. Phileasson blickt dem jungen Nordmann nachdenklich nach, lehnt sich zurück und verschränkt die Arme hinter dem Hinterkopf. Zu Mandred gewandt spricht er weiter: „Streich das mit dem Knilch, Mandred. Was auch immer Beorn getan hat, wir sollten dafür sorgen, dass sein Andenken in guter Erinnerung bleibt, das Wohl! Ich werde nachher mit Thorn sprechen.

Die Suche nach einem Schiff gestaltete sich – wieder einmal! – als sehr schwierig, denn niemand wollte sein Schiff in der verfluchten Sargasso-See verlieren. Schließlich konnten wir in Erfahrung bringen, dass die ‚Tiger von Tuzak‘, das Schiff des berüchtigten Piraten Kodnas Han, im Hafen Borans vor Anker lag. Über den Piraten hatten wir schon die ein oder andere Geschichte gehört, fürwahr! Der Freibeuter stand im Dienste des maraskanischen Prinzen Denderan von Maraskan und so hatte der mittelreichische Fürst Herdin ein Kopfgeld von – halt dich fest! – 700 Dukaten auf den Piraten ausgesetzt! Leider war Kodnas Han auch der einzige Kapitän in Boran der bereit war, uns in die gefährlichen Gewässer der Sargasso-See zu bringen. Dafür verlangte der Freibeuter aber auch stolze 450 Dukaten, denn der Mann wusste genau das niemand sonst in Boran bereit war, ein solch gefährliches Ziel wie das dämonische Tangfeld anzusteuern! Als wir uns standhaft weigerten, solch eine horrende Summe für die Überfahrt zu bezahlen, schlug uns der unverschämte Pirat eine Alternative vor: Wir sollten ihm den Kopf von Janus von Arpitz, dem Befehlshaber der mittelreichischen Truppen vor Boran, bringen.“ Phileasson nimmt einen Schluck Met, wischt sich einige der daneben gegangenen Tropfen Honigwein aus dem blonden Bart und spricht dann weiter: „Tja, was sollten wir also tun? Dem Piraten 450 Dukaten in den Rachen werfen? Einen Krieg mit den Besatzungstruppen vor Boran anfangen? Oder vielleicht den Piraten selbst töten und für seinen Kopf 700 Dukaten kassieren? Wir diskutierten zwar bis weit in die Nacht hinein, kamen jedoch zu keinem wirklichen Ergebnis. Mittlerweile denke ich, dass Kodnas Han diese unmöglichen Forderungen damals mit Bedacht gestellt hatte, den einen Tag später machte er uns einen weiteren Vorschlag: Wir sollten das Flaggschiff der mittelreichischen Flotte, welches im Hafen Usdarans vor Anker lag, erobern und ihm aushändigen! So unmöglich ein solches Vorhaben auch klang, im Vergleich zu den Forderungen vom Vortag klang das Kapern eines Schiffes fast schon wie eine Schifffahrt auf einem See ohne Wellengang, bei Swafnir! Uns jedenfalls rannte die Zeit davon, denn wir wollten den Vorsprung, den wir vor Beorn hatten, nicht verlieren und so gingen wir schließlich auf den Vorschlag des Piraten ein.

Am Morgen des 10. Praios brachen wir also an Bord der ‚Tiger von Tuzak‘ nach Norden in Richtung Usdaran auf. Shaya hatten wir unter einem Vorwand in Boran zurückgelassen, denn an unserem Raubzug sollte sie nicht teilnehmen.“ Der blonde Hetmann kratzt sich am Kinn und überlegt eine Weile ehe er weiterspricht: „Hm, Mandred, schreib das so, als ob wir Shaya nur zu ihrem Schutz zurückgelassen haben, das klingt in der Saga sicher besser und ehrenhafter, das Wohl! Jedenfalls, einen Tag später ließ uns Kodnas Han in einem Beiboot etwa eine Meile vor der Küste ins Wasser und so gelangten wir, das letzte Stück schwimmend, ungesehen in den Hafen von Usdaran. Ungrimm hatte an dieser Aktion seine wahre Freude, das kann ich dir sagen Mandred! Unser Plan war recht einfach, doch sehr wirkungsvoll: Wir schlichen uns von der Seeseite an Bord der ‚Muräne‘, versteckten uns dort und warteten, bis Kodnas Han mit dem ‚Tiger von Tuzak‘ vor der Küste Usdarans auftauchte. Neben mir und meinen Männern waren auch noch vier Männer von Kodnas Han dabei, unter ihnen auch sein Erster Maat Tremhold – der hässlichste Mensch, dem ich je begegnet bin, sicherlich so hässlich wie das, was Hranngar aus dem Hintern fällt, das Wohl!

Gegen Mittag kreuzte dann Kodnas Han vor Usdaran und lockte so einige Schiffe aus dem Hafen, unter ihnen auch das Flaggschiff selbst. Die ‚Tiger von Tuzak‘ war schnell und flog regelrecht über die Wellen und so konnte schon bald nur noch die ‚Muräne‘ mithalten, während die übrigen Schiffe immer weiter zurückblieben. Tja und dann begann der Kampf. Wir gingen gegen die völlig überraschten Seesöldner vor, eroberten die beiden Oberdecks und hielten diese gegen die angreifenden Soldaten, bis Kodnas Han und seine Männer das Schiff enterten und uns zur Hilfe kamen. Viele kaiserliche Seesoldaten fanden an diesem Tag den Tod, doch am Ende des Tages befand sich die ‚Muräne‘ in unseren Händen. Ich bin mir bewusst, dass diese Aktion nicht gerade dazu beiträgt, dass man meinen Männern und mir im Mittelreich wohlgesonnen ist, das Wohl. Ich habe dir nun erzählt, wie es wirklich war, Mandred, doch für die Saga musst du diesen Abschnitt ändern. Lass es einfach ein al'Anfanisches Sklavenschiff sein, das wir zusammen mit Kodnas Han erobert haben und somit zu Waffenbrüdern wurden oder so etwas, dann sind wir auf der sicheren Seite!

Kodnas Han war natürlich zufrieden und musste auch unsere Kampfkraft und unseren Mut anerkennen. Deswegen überreichte er uns nach der Schlacht auch dieses Leg-ga-Leg, welches uns in ganz Maraskan als ‚Freunde des freien Maraskans‘ ausweisen sollte.“ Bei diesen Worten kramt Phileasson wieder jenen seltsamen und bunten Stoffklumpen aus seiner Tasche, welchen er dem jungen Skalden bereits am Vortag gezeigt hat. Gedankenverloren tastet er mit seiner Hand die farbigen und verschiedenlangen Holzstäbchen ab, die in dem Stoffklumpen stecken. Dabei spricht er weiter: „Ich weiß bis heute nicht, wie dieses Ding genau zu lesen ist, doch die Maraskaner scheinen damit keine Schwierigkeiten zu haben. Na ja, ist vielleicht auch besser so, denn sonst würde jeder Knilch sofort wissen, dass wir mit den Rebellen Maraskans zu tun haben und das wäre sicherlich nicht immer von Vorteil, das Wohl! Ich werde das Leg-ga-Leg wieder Mythornius übergeben, sobald er wieder in Thorwal ist – immerhin ist es ein Vermächtnis seines Volkes.

Wie dem auch sei. Einen Tag später jedenfalls liefen wir unter dem Jubel der Einwohner Borans mit den beiden Schiffen ‚Tiger von Tuzak‘ und ‚Muräne‘ in den Hafen ein. Natürlich gab es auch ein Fest zu Ehren unserer Taten. Ich muss sagen, dass die Maraskaner nicht einmal richtiges Essen machen können, bei Swafnir. Entweder ist es so süß, dass dir die Zähne zusammenkleben oder aber so scharf, dass dir die Augen aus dem Kopf quillen – oder schlimmer noch, beides zugleich! Außer Mythornius und seltsamerweise auch Wulf fand niemand von uns diesen Fraß essbar!

Kodnas Han hielt indes Wort, und so segelten wir bereits am nächsten Tag nach Süden in Richtung der Insel Andalkan. Dort wollte der Freibeuter nochmals Proviant aufnehmen ehe wir von Andalkan aus Kurs auf die verfluchte Sargasso-See nehmen würden. Nun muss ich aber erst einmal etwas loswerden, zuviel Met!“ Asleif Phileasson leert mit einem mächtigen Zug sein Trinkhorn, dann zieht er sich seinen Pelzmantel um die Schultern und verlässt die Große Halla. Wenig später sieht man wie ein in dicke Pelze gehüllter Thorwaler einen breiten, gelben Strahl gegen die hölzerne Wand des Prunkjolskrims der Hetleute ablässt.

 

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